Zehnte oder Auto?
Wir haben nun mittlerweile drei Jahre kein Auto mehr. Eine lange Zeit finde ich. Es fehlt mir nicht sonderlich im Alltag: an die Fuß- und Radwege beim Einkaufen, die S-Bahn- und Busfahrten zu den Ärzten und zum Bäcker sind weniger schlimm. Klar, wenn Feiertage und Geburtstage mit Gästen und der Großeinkauf entsprechender Getränke und Verpflegung ansteht oder aber die Blumenerde für die Sommerbepflanzung und die Farbeimer für die Renovierung besorgt werden müssen, dauert es deutlich länger und strapaziert die Muskeln. An diese Dinge haben wir uns als Familie aber längst gewöhnt. Bei mir ist es eher die persönliche Freiheit, die ein Auto mit sich bringt, die mir fehlt. Besonders wenn es Frühling wird, erwischt mich die Sehnsucht nach einem eigenen Auto – die Tage werden länger und wärmer, die Flugvögel kehren zurück und könnten beobachtet werden. Die Felder und Bäume werden grün und dahin zieht es mich. Im Sommer sehne ich mich nach dem ruhigen See im Brandenburgischen – fernab von Berlin ohne all die anderen, die auch gern am See ausruhen wollen. Dorthin gelangt man aber fast nur mit dem Auto. Wir haben bereits den Jahresurlaub als auch kleine Wochenendausflüge als Familie mit der Regional- und Fernbahn erprobt – und ehrlich, es ist keine wirkliche Alternative zum Auto.
Und wie jeden Frühling überkam mich auch dieses Jahr wieder das Gefühl des „Auto-Haben- Wollens“. Ich stellte persönliche Filter in eine Automobil-App ein und jede Menge passende Autos wurden mir seitdem regelmäßig vorgeschlagen. Es wäre so einfach, einen Kredit aufzunehmen und ohne weiteres Nachdenken, ein Automobil anzuschaffen. Aber ein Auto wird nicht nur gekauft, es muss auch unterhalten werden. Erfahrungsgemäß läppert sich weit mehr zusammen, als wir es uns aktuell leisten könnten. Und doch ist dieser Wunsch nach „Freiheit und Flexibilität“ in mir einfach nicht tot zu kriegen. In diese Situation hinein hat sich eines Morgens vor zwei Wochen der Feind in meinen Gedanken geschlichen – ganz leise und fies: Abermals ploppte meine besagte Auto-App mit dem wirklich wichtigen Hinweis auf, dass mein Auto auf der Merkliste noch zu haben sei. Und wieder fragte ich mich, wie andere Familien sich das leisten konnten und wir nicht? Noch nicht ganz zu Ende gedacht, erschien eine zweite Nachricht. Die war von meiner Bank-App, und zwar die Info, dass ein neuer Umsatz gebucht wurde. Also schaute ich auch dort nach, was gebucht wurde: Es war der nicht unerheblichen Betrag meiner monatlichen Spende an unsere freikirchliche Gemeinde, der sogenannte Zehnte (10% von meinem Nettogehalt). Und ein nie dagewesener, hässlicher Gedanke schoss durch mein Hirn: Wenn ich das nicht spenden würde, könnten wir uns dicke ein Auto leisten! Kaum gedacht, schämte ich mich auch schon dafür. Aber dennoch, der Gedanke ließ sich nicht ohne Weiteres abschütteln: Ich bildete mir ein, wieviel Gutes ich mit meinem Auto doch anstellen könnte im Sinne der christlichen Nächstenliebe, z.B. meiner Freundin im Frauenhaus helfen bei ihrem anstehenden Umzug oder die alte Nachbarin zum Arzt fahren, die ich regelmäßig besuchte. Mein Hirn hatte einige Ideen, wie christlich ich doch handeln würde, wenn ich die 10% meines Gehaltes nicht an die Gemeinde sondern in ein Auto investierte. Nach einigen Minuten des „Schönredens“ hielt ich inne und fragte mich ehrlich: „Für wen willst du ein Auto haben, Romana? Doch für niemand Anderen denn für dich selbst, nicht wahr?“ Da ich ewig bei Jesus leben möchte, halte ich mich weiterhin an die Weisung des Johannes aus dem 1. Johannes 2, Verse 15-17. Das ist nicht leicht, aber eben auch nicht unmöglich, denn Jesus hilft mir dabei. Trotzdem warne ich euch: Der Feind schläft nicht, wie ich unlängst erleben durfte. Er probiert immer mal wieder Neues, um euch vom rechten Weg abzubringen. Drum bleibt wachsam, wie Jesus schon seinerzeit von uns forderte (siehe Markus 13 Vers 23).
"Liebt nicht diese Welt und hängt euer Herz nicht an irgendetwas, das zu dieser Welt gehört. Denn wer die Welt liebt, kann nicht zugleich Gott, den Vater, lieben. Was gehört nun zum Wesen dieser Welt? Selbstsüchtige Wünsche, die Gier nach allem, was einem ins Auge fällt, das Prahlen mit Wohlstand und Macht. All dies kommt nicht von Gott, unserem Vater, sondern gehört zur Welt. Die Welt aber mit ihrer Unersättlichkeit wird vergehen. Nur wer tut, was Gott will, wird ewig leben." 1. Johannes 2 Verse 15 – 17 (Bibel HFA)
Romana